Jede Menge Bühnenkunst: die Schülerinnen und Schüler der Literatur-AGs und des Literaturkurses spielten einen "Theatermarathon".

Goethe Zeiten, schlechte Zeiten?

„Theatermarathon“ 2019

„Niemand hat das Recht mich zu verurteilen.“ So klingt ein zeitgenössisches Gretchen in der diesjährigen Aufführung des Literaturkurses der Qualifikationsphase 1 im Rahmen des diesjährigen „Theatermarathons“, der am 1. und 2. Juli 2019 über die Bühne ging. Neben dem Literaturkurs standen an beiden Abenden auch die Theater-AGs der Unter- und Mittelstufe auf den Bühnenbrettern der Aula Adolfinum.

Frei nach Goethes „Faust“ zeigten die Schüler ihre Interpretation des Dramas unter dem Titel „Goethe Zeiten, schlechte Zeiten“. Mit einer gelungenen Mischung aus Originalszenen und Szenen aus dem Hier und Jetzt begeisterten die jungen Schauspieler ihr Publikum.Besonders gelungen: das Spiel mit der Sprache. Der kurzweilige Wechsel von Prosa und Versform überraschte; da flossen die Worte Goethes in ihren Alltagswortschatz ein, und Mephisto wiederum macht sich im Gespräch mit Gott ihre Sprache zu Eigen. Ihr Können und ihr Talent unter Beweis gestellt haben die Schüler mit der Darbietung der originalen Passagen. Gelang es den jungen Darstellern doch diese Verse so zu inszenieren und zu intonieren, dass deren Sperrigkeit für heutige Ohren verloren ging. Eine grandiose schauspielerische Leistung. Besonders hervorzuheben sind hier Jenna Kellerhoff als Gretchen und Julia Weber als Mephisto, die mit ihren Darbietungen ihr Publikum begeisterten. Letzteres belohnte die Arbeit der Schüler mit stehenden Ovationen und langanhaltendem Applaus.

Ist „Faust“ eine sinnvolle Abiturvorgabe? Ist es gerechtfertigt, dass tausende und abertausende Schüler sich durch dieses Werk quälen müssen, um ihr Abitur zu bekommen? Ist dieses Stück überhaupt noch zeitgemäß? So lauteten die zentralen Fragen, die sich der Literaturkurs gestellt hat und auf die das Stück Antwort gibt.

So begleitet der Zuschauer die Schüler auf ihrem Weg von der ersten Begegnung mit dem Werk bis hin zur Klausur, taucht mit ihnen in die Lektüre ein, die sich wie nebenher und unbemerkt in ihren Alltag einschleicht. Da wird die Beschwörung des Erdgeistes zum Anmachspruch umfunktioniert, versteht der im Klassenraum sitzende Schüler Fausts Drang seinem Studierzimmer in die Natur entfliehen zu wollen, ist hin und hergerissen zwischen seinem Lerninteresse,  um im Leben etwas zu erreichen, und dem Gefühl, dass das wahre Leben währenddessen an ihm vorbei läuft. „Weh steck ich in dem Klassenraum noch, verfluchtes dumpfes Mauerloch“, wo man bei dem Wetter doch einfach nur ins Bettenkamper möchte. Mephisto verzweifelt an der digitalen Gesellschaft und muss sich gegen Parship und google earth behaupten.

Und Gretchen? Während man das Schicksal von Goethes Gretchen verfolgt, erleben die Gretchen von heute Cybermobbing, gesellschaftliche Ausgrenzung, ungewollte Schwangerschaft. Aber nicht jedes Gretchen verzweifelt, es gibt auch das Gretchen, das sich gegen die Gesellschaft behauptet und sich emanzipiert. Genauso gibt es neben dem  Faust, der sein Gretchen am Ende im Stich lässt, auch denjenigen, der sich besinnt und am Schluss unbeirrt zu Gretchen steht.

Ist Faust heute noch zeitgemäß? „Ich kann mir noch nicht mal vorstellen, dass das damals aktuell war“, meint der eine, „Hat nicht jeder von uns zwei Seelen in sich?“, fragt sich der andere. Fazit: Eine endgültige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Diese kann nur jeder für sich selbst finden.

Die Faust-Inszenierung bildete den Höhepunkt des diesjährigen „Theatermarathons“. Zuvor hatten bereits die beiden Theater-AGs die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentiert: Die AG der Unterstufe eröffnete mit ihrem Stück „Schneewittchen 2.0“, in dem das bekannte Märchen von den Schülern und Schülerinnen auf die heutige Zeit angepasst wurde, den Abend. Danach folgte eine Aufführung der Theater-AG der Mittelstufe. In ihrem Stück „Alles kann Liebe...“ stellten die zukünftigen Teilnehmer die verschiedenen Facetten von Liebe dar, die manchmal alles andere als schön sein können.

Text: Regine Meyering | Foto: Niklas Klag.

— [Thomas Kozianka]

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