Macht Geschichte am eigenen Leben nachvollziehbar: DDR-Zeitzeuge Andreas Herzog.

Zeitzeuge gibt unverstellte Einblicke in DDR-Leben

Klasse 9b lernt Geschichte durch direkte und eindrucksvolle Schilderungen

Beeindruckt mit seiner Lebensgeschichte die 9b: DDR-Zeitzeuge Andreas Herzog.

Am Mittwoch, dem 20. April besuchte ein ehemals in der DDR lebender Zeitzeuge eine 9. Klasse des Adolfinums. Den Nachmittag verbrachten die Schüler dann gemeinsam mit dem 63-jährigen, der ihnen einen aufschlussreichen Einblick in sein interessantes Leben in der DDR gewährte, woraufhin eine Fragerunde folgte.
Andreas Herzog wuchs mit seinen Eltern und seinem Bruder in dem „Tal der Ahnungslosen“ auf, wo er sein Leben bis zum 18. Lebensjahr verbrachte. Seine Heimat wurde so genannt, weil das Westfernsehen dort nicht empfangen werden konnte. Genau wie alle anderen Kinder wuchs er dort wie ein „normaler Bürger“ auf, worüber aber ein Bürger der BRD den Kopf schütteln würde: Schon in der Grundschule wurde er zu einem Vorbild der DDR nahezu gedrillt, er hatte die „Gebote“ auswendig zu lernen und hatte immer und überall das Bild von Walter Ulbricht an Wänden hängen.
Wie man es von vielen hört und auch liest, bestätigte der Zeitzeuge die sehr strenge Verschwiegenheit in der DDR, die ständige Angst und das Gefühl, nie allein zu sein. „Nicht mal den engsten Freunden konntest du vertrauen, alles was du sagen darfst wenn Besuch kommt, sagen dir deine Eltern vorher und geheime Sachen werden nur in der Familie besprochen“, sagte Herzog.

Am "MfS"-Stempel deutlich: Andreas Herzog zeigt Originalakten des Ministeriums der Staatssicherheit der DDR.

Seine Eltern waren normale Arbeiter, die in Schichten arbeiteten und demzufolge regelmäßig zu Hause waren. Sein Leben verlief wie das eines jeden Kindes, er durchlebte die Jungen Pioniere, die Thälmannpioniere und schließlich die freie deutsche Jugend, worauf  die Jugendweihe folgte, welche vergleichbar mit der Konfirmation ist: Gemeinsam lernten alle 14-jährigen, den Zusammenhalt und Respekt vor dem Alter zu pflegen.
Nach der 10. Klasse entschied sich der Schüler, die Schule ohne Abitur zu verlassen und in einem Internat in dem nördlichsten Teil des Ostens Forstfacharbeiter zu werden. Jedes zweite Wochenende sah er seine Familie und auch hier waren Disziplin und Respekt sehr wichtig.
Mit 18 Jahren trat er schließlich die Wehrplicht von 18 Monaten an. Statt seiner 18 Monate blieb er jedoch 3 Jahre dort, was ihm ermöglichte, ein Studium ohne Abitur zu erlangen. Er wurde Mitglied im „Wachregiment Feliks Dzierzynski“, wo er die Gebäudeüberwachung von außen ausübte.
Wie schon seit seiner späten Kindheit überkam ihn immer mehr der Wunsch, die DDR auf illegalem Wege zu verlassen. Tatsächlich lernte er als „Soldat auf Zeit“ jemanden kennen, mit dem er sich eng verbündete, welcher genau so dachte wie er und mit welchem er schließlich die Flucht plante: Sie wollten, wie schon ein Jahr zuvor, das Motorradrennen in der Tschechoslowakei besuchen und bei der Gelegenheit die Grenze übertreten, auch wenn dadurch der Kontakt zu Familie abbrach. Leider wurden sie schon seit längerer Zeit von der Stasi überwacht, welche demzufolge über alles Bescheid wusste und sie festnahm

Gespannt: Die 9b verfolgt die Ausführungen des Zeitzeugen.

Darauf folgte die Einlieferung in das Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen, wo er schließlich trotz langjähriger Versuche, alles zu leugnen, der Anklage nicht standhalten konnte und ein Geständnis ablegte. Das Urteil lautete: 5 Jahre und 6 Monate Haft wegen versuchter Flucht und Spionage. Freigekauft wurde er nicht, und so musste er die volle Zeit im Gefängnis Bautzen absitzen.  
Und auch wenn die langjährige Haft ihm den Wunsch nach erneuter Flucht austrieb, wurde er nach seiner Entlassung im Jahre 1984 streng überwacht, wobei jede Tätigkeit minutengenau protokolliert wurde und er nichts merkte. Er hatte außerdem nicht mehr das Recht auf Urlaub in anderen Ländern und konnte sich nur auf eingeschränktem Raum bewegen.
Der Besuch des Zeitzeugen Andreas Herzog kam bei den Schülern sehr gut an, was sich durch eine sehr intensive Fragerunde sowie durchgehende Aufmerksamkeit seitens der Schüler zeigte. Ein weiterer Besuch ist nur zu empfehlen, da es interessant und ganz anders ist, das Leben in der DDR von jemandem zu erfahren, der dort selbst gelebt hat als es in einem Buch zu lesen, sagte eine Schülerin nach dem Besuch.

Text: Konstantin Postel, 9b

Fotos: Dina Mecklenburg

— [Daniel Heisig-Pitzen]

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